Wohnhaus Drepper – Bauen im Bestand als gelebte Nachhaltigkeit
Vom geteilten Funktionsbau zum fließenden Wohnraum
Das Gebäudeensemble bestand ursprünglich aus zwei baulich getrennten Einheiten: einem Wohnhaus zur Straße hin und einem leicht versetzten, ehemals gewerblich genutzten Anbau im hinteren Bereich. Typisch für die Entstehungszeit war der Grundriss des Wohnhauses stark untergliedert mit kleinen, geschlossenen Räumen und eingeschränkter Flexibilität.
Im Zuge des Umbaus wurde die bestehende Struktur neu interpretiert und durch gezielte Eingriffe geöffnet. Die beiden Gebäudeteile wurden funktional miteinander verbunden, Trennungen aufgelöst, Sichtachsen geschaffen. Die Küche öffnet sich heute nahtlos zum Wohnbereich, der über eine Treppe in den hinteren Gebäudeteil führt. Dort entsteht mit einer Leseecke ein ruhiger Rückzugsort, der sich atmosphärisch, funktional im Raumgefüge eingliedert. Von hier aus gelangt man zudem auf eine begrünte Terrasse im Innenhof, die dem Haus nicht nur einen geschützten Außenraum verleiht, sondern auch zur Aufenthaltsqualität beiträgt. Das Arbeitszimmer wurde bewusst im hinteren Teil des Hauses platziert, wo es durch die Lesezone räumlich vom Wohnbereich getrennt wird.
Tageslicht, Raumfluss und ein neues Wohngefühl
Auch im Obergeschoss setzt sich das Konzept fort. Die dort integrierte Wohnung greift die Raumidee des Erdgeschosses auf. Ein ausgebauter Spitzboden, eine Dachterrasse und eine dezente, weiß gehaltene Treppe erzeugen Offenheit und Lichtführung bis ins darunterliegende Geschoss. Die räumlichen Übergänge sind fließend, klar und zugleich sehr selbstverständlich gestaltet. Als Fotograf war mein Ziel, genau diese Qualitäten sichtbar zu machen: die neue Großzügigkeit, und die Balance zwischen Alt und Neu. Meine Bilder fangen die Atmosphäre des Hauses ein und zeigt, wie ein sensibler Umgang mit dem Bestand nicht nur gestalterisch überzeugt, sondern auch funktional nachhaltig ist.
Historische Details als Teil des neuen Raumkonzepts
Dabei lebt das Haus nicht nur von den räumlichen Eingriffen, sondern auch von den bewahrten Details, die dem Umbau Charakter und Tiefe verleihen. Der lange verborgene originale Holzdielenboden wurde erhalten und sorgfältig aufgearbeitet. Seine warme Ausstrahlung verbindet die Räume und erinnert an den gelebten Alltag vergangener Jahrzehnte. Im Flur blieb die historische Wohnungstür ebenso bestehen wie die charakteristische Holztreppe, deren Patina eine subtile Verbindung zur Geschichte des Hauses herstellt. Besonders charmant sind auch die beiden kleinen Fenster im Dachgiebel: ein dreieckiges und ein ovales. Es sind kleine zunächst unscheinbare Elemente, die dem Obergeschoss bei genauerem Hinsehen eine individuelle Handschrift verleihen. Diese liebevolle Integration bestehender Bauteile zeigt, dass architektonische Qualität oft in den kleinen Dingen liegt.
Ein Beispiel für zukunftsorientiertes Bauen im Bestand
Das Wohnhaus Drepper zeigt exemplarisch, wie mit verhältnismäßig wenigen, aber gezielt gesetzten Maßnahmen neue Lebensqualitäten entstehen können. Es steht für eine Haltung, die Bestand als Ressource begreift – ökologisch sinnvoll, kulturell wertvoll und architektonisch reizvoll. In Zeiten knapper Ressourcen und hoher energetischer Anforderungen ist Bauen im Bestand ein entscheidender Hebel auf dem Weg zu mehr Nachhaltigkeit im Bauwesen. Projekte wie dieses machen deutlich, dass Zukunft nicht immer neu gebaut werden muss. Manchmal muss sie nur klug weitergedacht werden.