U-Bahnhof Kirchplatz - Enne Hähnle "Spur X"

Veröffentlicht am 03.09.2024

        Ein Rätselhafter Faden in der Architektur
 
Ein leuchtend oranger Faden schnörkelt sich entlang der Wand, entlang der Decke, immer tiefer in den Stationsraum. Wir folgen der Spur und fragen uns, was es wohl damit auf sich hat. Da entdecken wir im Vorbeigehen etwas: „gut“ steht es orange auf weiß an der Wand geschrieben. Im nächsten Schritt verschwimmt das Wort wieder zu dem gewundenen Stahl, der an die Wand montiert wurde. Wenige Meter später ein weiteres Fragment: „auf der Zunge“. Wir bleiben stehen und fangen an die umliegenden gebogenen Linien zu untersuchen. Was steht dort weiter geschrieben?
 
        „Spur X“ – Das Kunstwerk im U-Bahnhof Kirchplatz
 
„Spur X“ ist der Titel des Werks von Enne Hähnle, dass sich dem Fahrgast in der Station Kirchplatz unausweichlich aufbindet. Durch die Leuchtkraft der pulverbeschichteten Stränge aus gezogenem Stahl zieht es ab Betreten der Treppen die Aufmerksamkeit auf sich und verwickelt den Fahrgast in eine Auseinandersetzung mit der zunächst abstrakt erscheinenden Installation. Er folgt der Spur in die Tiefebene, immer auf der Suche nach einem Hinweis, was es mit dem orangen Faden auf sich hat. Wie ein Detektiv verfolgt er die Spur und versucht die Hinweise zu entschlüsseln. „X“ steht für den Hinweis, den es zu entdecken gibt. Jedoch sind die Hinweise nicht eindeutig. Durch die räumliche Verformung der Schrift und das Einflechten in die Architektur offenbaren sich die einzelnen Textfragmente nur aus bestimmten Blickwinkeln.

Verteilerebene U-Bahnhof Kirchplatz
Luftraum U-Bahnhof Kirchplatz


        Eine Visuelle Entdeckungsreise
 
Jeder Fahrgast kann einen anderen Hinweis finden und in diesen seine Interpretation projizieren.Die Architektur des U-Bahnhofs und das Kunstwerk gehen eine innige Symbiose ein und unterstreichen den einzigartigen Ansatz den Architekten und Künstler gemeinschaftlich entwickelt haben. Als oberste Priorität galt es, die gesamte Linie in die Stadt und den damit verbundenen Lebensraum zu integrieren. Durch die offene Gestaltung des Abgangs vom Plateau des Kirchplatzes mit dem seitlich verlaufenden trichterförmigen Luftraum, wird eine direkte Sichtverbindung zwischen Fahrebene und Oberfläche hergestellt. Somit wird eine klare Trennung zwischen oberirdisch und unterirdisch aufgehoben und das Stadtbild um eine tieferliegende Ebene erweitert.
 
        Kunst und Architektur im Dialog
 
Das Kunstwerk übernimmt den kommunikativen Aspekt und verwickelt die Bevölkerung durch sein rätselhaftes auftreten in einen Dialog. Der funktionale Stationsraum wird zum Kommunikationsraum und bindet den Fahrgast als Teil der Architektur mit ein. In Bezug auf die geradlinige Architektur, die sich wie ein Schnitt in die Tiefe zieht, bildet die geschwungene Textskulptur von Enne Hähnle einen Kontrapunkt. Die geschwungenen Linien der Schrift wirken der geraden Geometrie entgegen und verflechten den Raum in ein organisches Gefüge. Der statisch anmutende Raum entwickelt durch die enge Beziehung zum Kunstwerk eine eigene Dynamik und bricht die Abgrenzung zwischen Nutz Raum und Lebensraum.


        Eine Herausforderung für die Architekturfotografie
 
Für mich als Architekturfotograf stellt diese Installation eine besondere Herausforderung und gleichzeitig eine reizvolle Aufgabe dar. In diesem speziellen Fall musste die Architekturfotografie sowohl der Vielschichtigkeit und Tiefe der Architektur gerecht werden, aber gleichzeitig auch das Kunstwerk ebenbürtig einbeziehen. Durch die Wahl verschiedener Blickwinkel und Perspektiven habe ich die versteckten Hinweise und die Symbiose von Kunst und Architektur so dokumentiert, dass der Betrachter in verschiedenen Aufnahmen ebenfalls die Hinweise erkennen kann. So wird auch durch die Architekturfotografie die komplexe Beziehung zwischen Raum und Kunstwerk visuell erlebbar. Eine Auswahl der Bilder kann auf der Projektseite "U-Bahnhof Kirchplatz" angesehen werden.

Wandgestaltung U-Bahnhof Kirchplatz